Alchemy: Sommer Saison und Yin Energie
Im Gespräch mit Isabelle Grunert über Yin Stärkende Kräuter, Ernährung und Akupunktur
Wir freuen uns sehr, mit Isabelle Grunert zu sprechen, einer Expertin für Akupunktur, chinesische Kräutermedizin und Ernährung. Isabelle wird uns ihre faszinierenden Einblicke in die Energien des Sommers geben und darüber sprechen, wie man die Yin-Energie mit leckeren Lebensmitteln und Kräutern ins Gleichgewicht bringen kann. Willkommen, Isabelle!
Zu Beginn, könntest du dich kurz vorstellen und uns etwas über deinen Hintergrund erzählen?
Ich bin Mutter von zwei bereits erwachsenen Kindern und lebe seit über 20 Jahren in Berlin. Seit 2020 arbeite ich mit Akupunktur und Kräuterheilkunde in eigener Praxis. Dabei war ich immer fasziniert von der chinesischen Ernährungslehre und lasse diese auch oft in meine Behandlungen mit einfließen. Ich setze gerne einen Impuls, um ein Gespür für die Zusammensetzung einer gesunden, individuellen Ernährung oder Heilnahrung zu entwickeln. Mit einfachen, naturbelassenen Nahrungsmitteln hat man die Möglichkeit, auf das eigene Wohlbefinden einzuwirken.
Könntest du uns erklären, was genau Yin-Energie ist?
Der Begriff Yin beschreibt in der TCM den kühlenden, nährenden, befeuchtenden, stofflichen und inneren Aspekt der Funktion und Struktur des Körpers. Das Yin des Körpers dient der Regeneration und Entspannungsfähigkeit, dem guten Schlaf und der inneren Ruhe. Die Substanz, also Knochen, Gewebe, Sekrete und Muskeln usw. stehen für das Yin des Körpers. Zu den Yin-Energien gehören auch die Körpersäfte und das Blut. Darunter versteht die Chinesische Medizin Flüssigkeiten, welche die Haut befeuchten, die Haare ernähren, die Gelenke schmieren und die Organe benetzen.Yin-Qualitäten sind aber auch: Spiritualität, Emotionen, Intuition, Passivität, Hingabe und Empfänglichkeit. Man könnte sagen, Yin repräsentiert die Energie des Körpers, die im Laufe des Lebens je nach Lebensstil schneller oder langsamer verbraucht wird. Die Eigenschaft von Yin ist u.a. Bewahrung, Zusammenhalten, Speicherung und Erhaltung.
Menschen mit mangelndem Yin neigen u.a. zu innerer Trockenheit und Hitze, Nachtschweiß, Ruhelosigkeit und Schlafstörungen. Das Yin als Verankerung fehlt. Viele der so genannten psychosomatischen Erkrankungen haben ihre Wurzel in der Erschöpfung der Substanzen! Begleitend zur Behandlung eignen sich Säfte spendende, Mineralien-und nährstoffreiche Nahrungsmittel mit kühlem bis neutralem Temperaturverhalten. Je nach Beschwerdebild liegt der Schwerpunkt auf dem Aufbau von Substanz, der Befeuchtung von Trockenheit und/oder der Kühlung von Hitze. Dafür eignen sich Zubereitungsmethoden wie Dünsten, blanchieren, suppige, saftige Mahlzeiten, Suppen, Eintöpfe und natürlich Congee.
Geeignete Nahrungsmittel zum Yin-Aufbau sind u.a. Birnen, Weintrauben, Eigelb, Austern, schwarzer Sesam. Zu beachten ist aber:
Yin und Yang sind nicht statisch, sondern wandeln sich ineinander um und kontrollieren sich gegenseitig, um das Gleichgewicht im Körper zu bewahren. Yin und Yang sind keine Zustandsbeschreibung, es gibt also keinen ausschließlichen Yin-Zustand oder Yang- Zustand. In der Betrachtung von Yin und Yang ist eine Qualität nicht erfahrbar ohne die andere. Yin und Yang sind ständig in Bewegung- ein kontinuierliches Erzeugen, Empfangen und Zurückweichen.
Das übergeordnete Ziel der chinesischen Medizin ist die Harmonisierung von Yin und Yang. Die Basis allen Yins und Yangs wird in der Niere gespeichert. Im Sommer ist es daher wichtig auch die Nieren zu pflegen, um das kühle Yin darin zu stützen, aber auch das Yang nicht zu vernachlässigen, damit der Körper nicht zu sehr abkühlt und ihm das Qi und das Yang fehlt für ein starkes Immunsystem und für die im Sommer gesteigerte Aktivität und die erhöhte Ausscheidung, beispielsweise das Schwitzen.
Was sind einige einfache und praktische Möglichkeiten, Yin-Energie zu stärken, wenn es draußen heiß und trocken ist? Welche Lebensmittel sollten wir im Sommer öfter genießen, um kühl und gut hydratisiert zu bleiben?
Auch im Sommer sind gekochte Mahlzeiten die beste Grundlage, um die Mitte zu stärken mit z.B. Früchten, als Kompott zubereitet, um die Säfte des Körpers zu nähren. Rohes Gemüse und Früchte leiten Hitze aus, während gegarte Früchte und Gemüse Säfte aufbauen. Wenn der Körper nicht grade viel innere Hitze hat, braucht er nicht viel Rohkost, auch nicht im Sommer. Zuviel kühlschrankkalte oder eisgekühlte Nahrungsmittel und Getränke können die im Sommer ohnehin geöffnete Mitte schwächen!
Rohkost ist am besten zu einer warmen Mahlzeit. Kühlende und Säfte spendende Lebensmittel, die für Erfrischung sorgen sind z.B. säuerliche Früchte, Mungobohnen, Pilze, Weizen, Buchweizen und Gerste. Auch Algen in kleinen Mengen wirken kühlend! Blätter und Blüten stehen in der sommerlichen Ernährung im Vordergrund. Und Blüten von Kapuzinerkresse, Borretsch, Lavendel oder Ringelblumen...Gänseblümchen, Löwenzahn, Salbei und Wildrose sehen noch dazu wunderschön aus! Tendenziell darf im Sommer auch mehr Scharfes (der scharfe Geschmack ist dem Yang zugeordnet!) wie Rucola, Radieschen, Selleriestangen, Kresse, Sprossen, Rettich, Kohlrabi, Zwiebeln, Koriander und Pfefferminztee zum Einsatz kommen. Das unterstützt die im Sommer natürliche Bewegungsrichtung der Energie nach oben und außen, um Qi und Blut zu freieren und stärkeren Zirkulation anzuregen und die innere Körperhitze durch Schweiß auszutreiben.
Hast du ein Lieblings-Sommerrezept, das hilft, das Yin auszugleichen und uns erfrischt zu halten?
Ein leckeres, schnelles Sommer-Rezept das kühlend ist, das Yin stärkt und Blut und Säfte aufbaut ist ein Risotto mit Gerste, Spitzkohl, gelben Tomaten und Schafskäse. Hier das Rezept: Cooling Summer Barley Risotto.
Welche Kräuter empfiehlst du, um unsere Haut und unseren Körper im Sommer schön hydratisiert zu halten? Wie können wir diese Kräuter ganz einfach in unseren Alltag integrieren?
Es gibt unzählige Yin-Tonika. Ein besonderer Booster für die Haut und das Immunsystem aus der TCM ist Tremella oder auch Silberohr - der Pilz ist nicht nur köstlich, sondern gilt auch als botanische Alternative zur Hyaloronsäure.
Er hat eine Wirkung auf den Feuchtigkeitsgehalt der Haut und ist vollgepackt mit wertvollen Nährstoffen. Der Pilz kann als Pulver einfach unter das Essen gerührt werden. Oder aber auch der Weizen. Weizen ist kühl, süß und nährt das Yin im Körper, tonisiert Blut und entfernt Hitze aus dem Herzen. Innere Hitze durch Yin-Mangel kann zu Schlafstörungen, Nachtschweiß, Nervosität und Reizbarkeit führen. Es gibt dagegen eine klassische Rezeptur, die man über einige Wochen als Tee zu sich nehmen kann. Hier das Rezept: Yin-Strengthening Wheat tea with Chinese dates and Licorice root.
Woran erkennt man, dass die Yin-Energie im Sommer aus dem Gleichgewicht geraten ist?
Wenn zu viel Hitze im Spiel ist, kann es zu Schlafstörungen kommen, Nachtschweiß, Hitzewallungen, Heißhunger , einer erschöpfenden Unrast oder generellen Übererregtheit und vieles mehr. Der Saft von Zitronen ist sehr sauer, hat eine stark kühlende Wirkung und leitet Hitze aus- westlich betrachtet hat er eine antibakterielle, entzündungshemmende und beruhigende Wirkung. Zum Beispiel kühlt der Zitronensaft an heißen Tagen und hilft, besser zu schlafen. Als Schlaftrunk kann er bei Menschen wirken, die, laut chinesischer Organuhr, in der Leberzeit zwischen 1 und 3 Uhr regelmäßig wach werden.
Welche traditionellen Kräutergetränke oder Tees empfiehlst du, um gut hydriert und kühl zu bleiben?
Ein tolles, kühlendes Sommer-Getränk ist das Gestenwasser. Es ist erfrischend, Yin nährend, baut Säfte auf, leitet Hitze aus und ist reich an wertvollen Nährstoffen. Das Gerstenwasser ist eine Wohltat für den Magen und hat eine positive Wirkung auf das Mikrobiom. Hier ist das Rezept: Yin-Strengthening Barley Water with Figs, Cinnamon and Cacao.
Welche täglichen Gewohnheiten können helfen, das Yin-Gleichgewicht während der heißen Monate zu erhalten?
Das Yin wird grundsätzlich gestärkt durch ausreichend Schlaf, Ruhepausen, innerer Ruhe, Meditation, Qi Gong, Wandern und nährenden Nahrungsmitteln. Wichtig ist auch Gelassenheit üben und in allen Bereichen des Lebens deutlich Grenzen setzen.
Wie wirken Akupunktur, Kräuter und Ernährung zusammen, um uns im Sommer fit und gesund zu halten?
Akupunktur, Kräuter und Ernährung verstärken zusammen ihre Wirkung und können einen Beitrag zur Erhaltung der Gesundheit leisten. In meiner Praxis biete ich Akupunktur an und erstelle eine individuelle Teerezeptur, wenn das gewünscht ist. Der Bereich der Frauenheilkunde hat in der chinesischen Medizin eine lange Tradition. Themen wie hormonelle Dysbalancen, die Wechseljahre, Probleme in Schwangerschaft und Wochenbett lassen sich gut mit Akupunktur und Kräutern behandeln und gleichzeitig wird die gesamte Energetik von innen heraus gestärkt.
Wir arbeiten gerade zusammen an der Enwicklung einer Yin-stärkenden Brühe. Kannst du unseren Lesern mehr über die Zutaten des Rezepts, ihre Vorteile, was diese Brühe so besonders macht und warum wir den Bedarf dafür gesehen haben, erzählen?
Die Yin-stärkende Kraftsuppe bringt alles Gesagte auf den Punkt. Sie stärkt das Yin, nährt die Körpersäfte, klärt Hitze und wirkt den Auswirkung von zu viel Sommer-Hitze oder/und Yin-Mangel entgegen, stärkt aber gleichzeitig die Yang-Wurzel, da sie tendenziell warm ist. Die hinzugefügte Yin-stärkende Kräutermischung besteht aus westlichen Kräutern, aber ist nach chinesischen Kriterien zusammengestellt. Sie schmeckt köstlich, kann pur getrunken oder als Grundlage für Suppen oder Getreidegerichte verwendet werden.
Kraftsuppen stellen Qi in flüssiger Form zur Verfügung. Nicht nur Schwangere und Wöchnerinnen profitieren davon, sondern alle, die nach erschöpfenden Lebensphasen oder nach einer Erkrankung ihr Qi schnell und nachhaltig wieder auffüllen wollen. Kraftsuppen haben eine hohe Bioverfügbarkeit von essentiellen Mineralstoffen, Spurenelementen und Aminosäuren, stärken die Mitte (unsere Verdauungskraft), halten Yin und Yang im Gleichgewicht und sind der ideale Energie-Booster - Medizin, die auch schmeckt!
Für weitere Tipps und leckere Rezepte von Isabelle Grunert, besuche ihre Website und folge ihr auf Instagram @isabelle_grunert_akupunktur.
Fotos: Isabelle Grunert